Der Weg nach Barbados führt zwei Tage und Nächte, gegen Wind und Wellen, zurück nach Osten. Im Grunde waren wir ja schon fast einmal hier, sind dann aber weiter nach St. Lucia gesegelt. Auf Barbados kommen neue Trainees an Bord, was im Klartext heißt, wir haben einen Termin. Was will man machen.

Wir sind zurück im Drei-Wachen-System mit wenig Schlaf, und dazu hat mein Körper sich auf den langen Fahrten vor dem Wind ganz gut abgewöhnt mit dem harten Stampfen des Schiffes gegen die Wellen klarzukommen. Seekrank werde ich nicht (wer weiß, vielleicht ist dem ja endlich ein Ende gesetzt), aber nach einem Tag auf See bin ich wieder einmal so k.o., dass ich im Stehen einschlafen könnte.

Bridgetown empfängt uns am Abend mit dreispurigen Straßen, viel Beton und Verkehrslärm. Es ist seltsam, aber hier wird mir plötzlich bewusst, dass wir seit vier Wochen nicht mehr wirklich in einer Stadt waren. Zwischen La Palma und hier haben wir allenfalls Dörfer besucht.

Bridgetown ist ein Moloch. Die Stadt mag immer noch klein sein, aber sie ist laut, dreckig und sie stinkt. Und gleichzeitig sieht man schon, bevor man richtig an Land ist, was den Charme Barbados‘ ausmacht. In der Carlisle Bay erstreckt sich einer der schönsten Strände, die ich bis dato gesehen habe. Okay, das riesige Hilton und die Kulisse der Stadt direkt im Rücken schmälern den Eindruck ein wenig, aber der Sand ist weiß und das Wasser so blau wie noch an keinem anderen Strand unserer Reise. Das weckt unmittelbar die Lust auf mehr.

Ich mache erste Versuche im Schnorcheln und erkunde die in der Bucht liegenden Schiffswracks und suche vergeblich nach Schildkröten. Außerdem versage ich kläglich beim Versuch unter Wasser vernünftige Fotos zu machen.

An Bord sinkt die Stimmung derweil auf einen Tiefpunkt. In den Tagen auf Barbados gibt es kaum Informationen darüber, warum wir eigentlich auf der Insel sind, geschweige denn, wie die Pläne für die weitere Reise aussehen. Wir nehmen an der Mount Gay Round Barbados Regatta teil, soviel geben die Gerüchte her, aber gleichzeitig wird auch kolportiert, dass wir gar nicht vor haben das Rennen zu Ende zu fahren. Es geht wohl darum, zahlende Gäste an Bord zu nehmen.

Mehrfach müssen Planungen für Landausflüge verworfen werden, weil sich morgens alle Pläne ändern und alle zum Streichen an Bord bleiben müssen.
Für mich persönlich ist das Maß voll, als ich durch Zufall erfahre, dass sich meine Reisepläne nicht unerheblich ändern werden. Ohne mich darüber zu informieren wurde die letzte Etappe unserer Reise komplett geändert. Die TRES HOMBRES wird erst im Juni den Zielhafen Amsterdam anlaufen. Drei Wochen später als geplant. Dann werde ich schon wieder im Büro sitzen  und meinem normalen Leben nachgehen müssen. Hätte ich das früher gewusst, so wie die anderen Trainees, hätte ich anders planen können. So: Aus der Traum von der Reise einmal rund. Ich werde früher von Bord gehen müssen und nicht zusammen mit den anderen über die „Ziellinie“ fahren. „Na, dann ist alles andere auch egal“ denkt sich mein Hirn.

Die Ziellinie, bis zum Ende durchhalten, das war immer meine Motivation. Oft habe ich das Bild vom Marathonläufer bemüht, wenn es anstrengend wurde. Jetzt fühle ich mich als hätte man mir bei Kilometer dreißig erklärt, dass meine Zeit leider nicht gestoppt wurde. Tourkoller!

Trotzdem schaffe ich es, die Insel zu genießen. Abseits vom Schiff machen wir einen Ausflug auf die Ostseite der Insel. Dort ist die Küste rauer, die Strände noch weißer und das Wasser blauer. Nach mehr als zweitausend Meilen trifft hier der Passatwind ungebremst auf das erste Hindernis weit und breit. Entsprechend kräftig sind die Wellen, die mich beim kurzen Bad immer wieder an Land spülen.

Nach acht Tagen auf Barbados geht es weiter. Wohin erfahren wir am Abend bevor wir ablegen. Es geht nach Bequia, auf die Grenadinen.

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